Fehler bei der digitalen Welt – Wenn Gesichtserkennung zur Kontrolle wird

In dem wegweisenden Beitrag “Wenn man wegen Gesichtserkennung aus dem Laden geworfen wird” wird deutlich: Die Digitalisierung folgt längst nicht nur dem Ideal von Komfort und Sicherheit – sie birgt auch erhebliche Risiken für Freiheit und Privatsphäre.

Keine Privatsphäre mehr
Gesichtserkennungstechnologien arbeiten im Verborgenen und oft ohne Wissen der Betroffenen. In sozialen Netzwerken wie bei Clearview AI wurden Millionen Fotos automatisch gesammelt und in Datenbanken gespeist – komplett ohne Zustimmung. Wer denkt, nur Promis oder Straftäter könnten davon betroffen sein, irrt: Schon Alltagsverhalten – ein Foto im Supermarkt mit Freunden – kann ausreichen, um in solchen Systemen aufzutauchen.

Fehlerquoten und Diskriminierung
Obwohl Firmen wie Google und Co. ihre Algorithmen verbessern, sind Fehlerquoten weiterhin ein Problem. Besonders betroffen: Frauen oder z.B. People of Color und andere. Diese Gruppen haben deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, falsch erkannt oder fälschlich markiert zu werden – ein reales Risiko für Diskriminierung und ungerechtfertigte Kontrollmassnahmen.

Entmündigung durch Überwachung
Der psychologische Druck ist real: Wer ständig überwacht wird, verhält sich anders – zum Beispiel bei Demonstrationen oder im öffentlichen Raum. Ein loss of anonymity führt zu Selbstzensur: Menschen vermeiden öffentliche Meinungsäusserung oder Zutritt zu Einrichtungen aus Angst, identifiziert zu werden.

Allgegenwärtige Kontrolle im Handel
Der konkrete Fall aus dem Bericht zeigt: Selbst im Supermarkt kann Gesichtserkennung schnell zum Ausschluss führen – mit kaum prüfbaren Gründen. Solche Technologien geben Händlern Macht ohne Kontrolle: „Blacklists“ können angelegt werden, Kunden dürfen ein- oder ausgeschlossen werden – völlig einseitig. Ist das unsere Zukunft?

Biometrische Daten sind unwiderruflich
Im Gegensatz zu Passwörtern oder PINs ist das Gesicht Teil der eigenen Körperdaten – es lässt sich nicht zurücksetzen. Ist einmal ein biometrischer Datenbestand kompromittiert, sind die Konsequenzen dauerhaft. Zudem: Wo sind die Server? Wer kann auf die Daten zugreifen? Solche Informationen werden häufig weder transparent gemacht, noch kontrolliert.

Gesellschaftlicher Präzedenzfall
Einmal etabliert, ist die Gesichtserkennung kaum mehr rückholbar. In China z. B. identifizieren Polizisten Verdächtige durch Brillen mit Kamera in Sekunden – begleitet von sozialem Kreditsystem und Massenüberwachung. In Europa diskutieren Politik und Wirtschaft, doch spartenweise werden bereits Pilotprojekte angedacht – oft ohne klare Regeln.


Digitalisierung mit Augenmass

Digitale Bequemlichkeit darf nicht über dem Schutz unserer Menschenrechte stehen. Sicherheit versus Privatsphäre ist nicht nur ein technologischer, sondern vor allem ein politischer, ethischer und rechtlicher Konflikt.

Konkrete Forderungen für eine verantwortliche Nutzung:

  1. Transparenz und Kontrolle – Nutzer müssen wissen, wann und wofür Gesichtserkennung eingesetzt wird, und das Recht haben, sich dagegen zu wehren.
  2. Unabhängige Prüfverfahren – Algorithmen müssen bei Fehler- und Bias-Tests überprüfbar sein.
  3. Rechtlicher Rahmen statt Wildwuchs – Anwendungen wie in China zeigen, wohin die Reise geht ohne Regulierung. Der EU AI-Act und die DSGVO müssen verbindlich umgesetzt werden.
  4. Biometrische Daten wie Grundrechte behandeln – sie gehören niemandem außer dem Individuum. Ihr Schutz muss oberste Priorität haben