Biometrische Überwachung

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Biometrische Überwachung – Horrorszenario oder sicherheitsrelevante Massnahme?

Ein wenig fühlt man sich in die dystopische Welt versetzt, die Orwell in seinem Roman „1984“ entwarf: Bahnhof, Strassenkreuzung, Einkaufsstrasse, U-Bahn-Haltestelle, in der Strassenbahn - überall im öffentlichen Raum sind Kameras, die jeden erkennen, verfolgen, die Wege aufzeichnen und alles speichern. Was noch vor wenigen Jahren nach Science-Fiction klang, ist heute problemlos machbar.

So funktioniert biometrische Gesichtserkennung

Um Personen im öffentlichen Raum überwachen zu können, ist Technik erforderlich, die ein Gesicht erkennen kann. Diese Systeme existieren bereits und werden in einigen totalitären Staaten bereits zur Überwachung der Bevölkerung eingesetzt. Mit künstlicher Intelligenz wird das Gesicht nach der Identifikation auf einem Video oder Foto in Echtzeit analysiert. Dabei werden biometrische Eigenschaften wie der exakte Abstand zwischen Nase, Augen und Mund miteinander verglichen. Diese biometrischen Daten sind bei jedem Menschen einzigartig und unverwechselbar wie ein Fingerabdruck.

Die Daten werden als Zahlencodes gespeichert und sind jederzeit abrufbar. In den letzten Jahren hat die Entwicklung auf dem Gebiet der biometrischen Gesichtserkennung rasante Fortschritte gemacht. Hochauflösende Kameras haben eine Trefferquote von nahezu 100 Prozent und sind in der Gesichtserkennung deutlich besser als die Menschen, die sie programmiert haben.

Wo kann Gesichtserkennung eingesetzt werden?

Für die biometrische Gesichtserkennung gibt es eine ganze Reihe von Einsatzgebieten. Beispielsweise können gesicherte Bereiche in Gebäuden mit einem Scanner ausgerüstet werden, der nur Personen Zutritt gewährt, deren biometrische Daten hinterlegt sind. Diese Methode ist viel effizienter als die Eingabe eines Passwortes. Schon länger enthalten Reisepässe biometrische Passbilder, die ein Grenzbeamter mithilfe einer Kamera als echt oder unecht identifizieren kann.

Ein weiteres Einsatzgebiet wäre das Marketing, wo eine Werbefläche an einer Bushaltestelle zielgruppenrelevante Werbung aussendet, nachdem der Altersdurchschnitt der Wartenden mit biometrischer Gesichtserkennung ermittelt wurde. Bereits heute werden biometrische Daten zur Anmeldung auf Endgeräten wie Smartphones genutzt.

Schreckensszenario der Totalüberwachung

Die Vision einer Totalüberwachung im öffentlichen Raum nimmt mit der galoppierenden Entwicklung der biometrischen Systeme Gestalt an. Denkbar wären Schreckensszenarien, bei denen Kameras im öffentlichen Raum zusammengeschlossen werden und voll automatisch eine Person verfolgen. Damit könnten Bewegungsprofile für grosse Teile der Bevölkerung erstellt und gespeichert werden.

Werden die aufgezeichneten Bilder mit den Streckendaten aus Pkws, Daten des Smartphones, Sprachaufzeichnungen von Telefonaten und biometrischen Zugangsdaten für Computer, Fahrzeuge und Gebäude kombiniert und abgeglichen, wäre die Totalüberwachung keine Vision mehr, sondern bittere Realität.

Deutsches BKA wertet biometrische Daten aus

Das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) nutzt seit 2008 ein Gesichtserkennungssystem zur Identifizierung von Personen. Dass die Technik immer ausgereifter wird, belegen aktuelle Zahlen der Behörde. Demnach wurden 2022 über 2.800 unbekannte Personen mithilfe der Software erkannt. Ein Jahr zuvor waren es noch 1.334. Ziel des BKA ist die Aufklärung von Straftaten. Zu diesem Zweck werden Handyvideos und Fotos, die von mutmasslichen Tätern gemacht wurden, ausgewertet, indem die Gesichter mit den in der Polizei-Datenbank INPOL hinterlegten Daten abgeglichen werden.

Fazit: Die biometrische Gesichtserkennung kann das Leben vieler Menschen einfacher und Anwendungen sicherer machen. Damit die Technik nicht zur Totalüberwachung eingesetzt wird, sondern nur zur Verfolgung von Straftätern, müssen klare gesetzliche Regeln geschaffen werden. Die EU-Kommission hat ein grundsätzliches Verbot biometrischer Identifizierungssysteme im öffentlichen Raum vorgeschlagen, das jedoch weitreichende Ausnahmen vorsieht.